Petition für Augenmaß bei Verwaltungsbehörden

An den Landtag des Landes Baden-Württemberg. Petitionsausschuss

Fax: 0711 2063 540

Der Landtag möge beschließen, dass der Prävention von schweren Verkehrsunfällen ein sehr viel höherer Stellenwert eingeräumt werden muss als bisher. Die Einführung von Bürgermitverantwortungen ist zu prüfen.

 

Es kann nicht sein, dass erst Menschen schwer zu Schaden kommen, bevor ein Streckenabschnitt zu einem „Unfall-Schwerpunkt“ erklärt wird. Erst danach werden (mehr oder weniger) zielgerichtete Maßnahmen ergriffen. Der Gipfel der Perversion ist allerdings, dass der Status „Unfallschwerpunkt“ wieder verloren geht, wenn längere Zeit kein schwerer Unfall mehr an dieser Stelle passiert. Man stelle sich vor, wie dasselbe Vorgehen beim Brandschutz mit verständnislosem Kopfschütteln zur Kenntnis genommen würde. Dass etwa im Feuerwehrhaus auf Brandschutz verzichtet würde, da die Feuerwehr eh schon da ist. Oder in einer 50 Meter Luftlinie entfernten Schule.

Ich halte dieses seit Jahrzehnten praktizierte Vorgehen der Verkehrsbehörden für zutiefst menschenverachtend. So sehr, dass ich mir wünschte, das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte würde sich der Sache annehmen.

Ich fordere für alle sicherheitsrelevanten Entscheidungen der Behörden (hier insbesondere der Verkehrsbehörden) Augenmaß.

Im Idealfall durch Verkehrspsychologen begründet. In diesem Zusammenhang rege ich an, dass Bürger mit ins Boot geholt werden. In einer Art Bürgermitverantwortung sollten sich aufmerksame und quer denkende Bürger engagieren und den Behörden Vorschläge zur Verbesserung von Situationen unterbreiten. Diese Begehren sollen von den Behörden nicht achtlos ignoriert werden dürfen. Je nach Qualität des Vorschlags muss zeitnah eine Umsetzung (in einer eventuell sogar noch optimierteren Form) oder eine mehr oder weniger ausführlich begründete Ablehnung erfolgen. Die Anliegen nebst deren Umsetzungen bzw. Ablehnungen müssen öffentlich einsehbar sein. Die Bürgermitverantwortungen sollen selbst zusammenfinden, also kein Gewählten-Gremium sein. Durch die (indirekte) Öffentlichkeit der Vorschläge sollten schon mal solche Einreichungen abgehalten werden, die nicht ernst gemeint sind. Eine Kommission des Gemeinderats/Stadtrats oder des Kreistages soll regelmäßig die Qualität der eingereichten Vorschläge prüfen und so notorische Querulanten aus der Bügermitverantwortung entbinden können. Aber auch dies muss öffentlich einsehbar sein.

Prävention schwerer Verkehrsunfälle heißt aber nicht, „gnadenlos“ mit der Geschwindigkeitsbegrenzungs-Keule zu kommen. Es ist zwar richtig, dass die meisten Verkehrstoten in ursächlichem Zusammenhang von hoher Geschwindigkeit stehen. Es muss aber auch bedacht werden, dass, psychologisch gesehen, zum Beispiel ein  übertrieben kleinliches Geschwin­dig­keits-Begrenzungs-Schild unnöti­ger­weise Aggressio­nen auslöst und bei dem ein oder anderen Verkehrs­teilnehmer eine gefährliche Trotzreaktion hervorrufen kann. Daher mein Anliegen, Augenmaß von allen relevanten Behör­den-­Entscheidungen einzufordern. Wenn in Frankreich vor einer Kurve ein Schild mit „60“ steht und man mit 80 in diese Kurve fährt, wird man das bereuen. So muss es sein. Die Beschilderung auf die un­sichersten (unerfahrensten) Verkehrsteilnehmer ab­zu­stellen, ist für mich eine weit verbreitete, aber kontraproduktive Vorgehensweise. Es müsste Amtshaftung ebenso bei zu kleinlicher Auslegung einsetzen wie bei zu großzügiger Interpretation. Augenmaß eben.

Unsere Gesellschaft droht, eine Gesellschaft zu werden, wo keiner mehr ehrliche Verantwortung übernehmen will. Das fängt bei den Beamten an, für deren mögliche Fehlentscheidungen das Land/der Bund nicht mehr uneingeschränkt einstehen will und zieht sich durch alle Ebenen hinunter. So lange Beamte nach Augenmaß entscheiden, müssen ihre Entscheidungen vom Arbeitgeber gedeckt werden. Auch und gerade, wenn sie sich einmal wider Erwarten als falsch herausstellen sollten.

Lauffen, am 16.5.17

Hinweis: Die Version 1.0 dieser Petition habe ich Herrn Verkehrsminister Winfried Hermann am 8.1.17 anlässlich des Bürgerdialogs in Neckarsulm persönlich übergeben.

Im Mai 2018 wurde die Petition abgelehnt. Die Ausschuss-Mitglieder ergingen sich in einem “Sich selbst auf die Schulter Klopfen”.
Es läuft aus der Sicht deren Filternblase alles bestens. Bürger könnten sich auch jetzt schon an die Verwaltungen wenden. Sie werden aber gemäß meiner Erfahrungen in  den seltensten Fällen gehört, geschweige denn ernst genommen.

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